"Doch möcht’ ich alles wissen"
Der englische Philosoph Francis Bacon schrieb quasi über den Eingang zum Zeitalter der Aufklärung den Satz: „Denn Wissen selbst ist Macht.“ Über 400 Jahre später sind wir selber nun in der Wissensgesellschaft angekommen. Das beruhigt zunächst. Der Begriff besagt ja wohl, dass jeder etwas weiß. Aber dann gehen wir unter Menschen und lernen rasch, dass wir die Deutung überdenken müssen.
Macht abrufbares Wissen allein schon mächtig? Jeder von uns trägt so ein Fenster zum Wissen der Menschheit in der Hosentasche spazieren. Vor 50 Jahren startete Apollo 11 ins All. Jedes kleine Smartphone erbringt heute die millionenfache Rechenleistung der Mondrakete.
Aber macht uns das klug? Oder glauben wir nur, eine Menge zu wissen, und behandeln dabei das Wissen aus den Köpfen anderer bedenkenlos so, als wäre es unser eigenes? Wir holen per Knopfdruck, was wir brauchen. Das ist bequem, und in unserer komplexen Welt wäre das Bemühen, alles selber zu verstehen, ohnedies zum Scheitern verurteilt. Nur klug macht uns das nicht. Allenfalls sehr vertrauensvoll.
Damit wir auch auskunftsfähig bleiben, ohne ständig unsere elektronischen Begleiter befragen zu müssen, haben wir das ganze vor uns liegende Semester dem Thema Wissen gewidmet: Genauer gesagt, allem, was ich wissen muss, wissen kann und wissen darf. Denn der Zugang zum Wissen ist heute einfacher denn je, selbstverständlich ist er nicht. Noch immer wird er in Diktaturen dem Volk gewaltsam verwehrt. Und wenn in der freien Welt einer den Stecker zöge, würde es schlagartig ebenfalls „zappenduster“, auch in so manchem Oberstübchen. Wie gut, dass unsere Referenten – von Hermann Parzinger über Margret Rasfeld bis hin zu Julian Nida-Rümelin – höchst analog vors Publikum treten.
Vorstand und Beirat, Jänner 2020