Wahre Liebe und erotische Freiheit
Sind Liebe und Freiheit kompatibel oder schließt eine die andere aus? Viele würden behaupten, Liebende fühlen sich verpflichtet, sich um den Geliebten und um der Liebesbeziehung willen zu beschränken und sogar zu opfern. Wir machen es gewiss freudvoll (und freiwillig!), völlig frei sind wir in der Liebe dennoch nicht. In einer Gesellschaft, in der sich Frauen beschränken und opfern (lassen) schon häufiger als Männer, kann (romantische, leidenschaftliche, aber auch Eltern-) Liebe denn problematisch und sogar unterdrückend werden.
Was bedeutet aber Freiheit, was bedeutet frei zu sein bzw. zu werden? Brauchen wir nicht durchaus andere Menschen, u.a. unsere Geliebten, um Freiheit zu verwirklichen? Ich möchte die These diskutieren, dass wir Freiheit erst erfahren können, wenn wir „die Freiheit eines Lieben […] vermehren / um alle Freiheit, die man in sich aufbringt“ (R. M. Rilke). Eine solche erotische Freiheit, die höchst relevant für den Feminismus ist, impliziert und fördert besondere Fähigkeiten, die mit der Annahme und Anerkennung unserer konstitutiven Passivität und Vulnerabilität, sowie der Möglichkeit von Selbstverlust zu tun haben.