Frühjahrssemester 2025
09. März - 31. Mai

Irrungen und Wirrungen

Wir kommunizieren unentwegt. Paul Watzlawick sagt sogar: Wir können gar nicht anders. Wenn unsere Lippen versiegelt sind, sprechen die Blicke. Halten wir die Augen geschlossen, reden die Hände. Seit tausenden Jahren übt der Mensch das. Er müsste längst ein Meister sein. Wo wir zu langsam, zu leise sind, haben wir Hilfsmittel ersonnen. Niemand braucht mehr sehnsüchtig das Hufgetrappel des berittenen Boten erwarten; ein einfaches „Pling“ am Display meldet uns die Ankunft der Nachricht, die den Bruchteil einer Sekunde zuvor irgendwo auf der Welt versendet wurde. Wie intensiv unsere digitalen Helfer untereinander kommunizieren, auch ohne unser Zutun, das wissen wir nicht und wollen es auch gar nicht wissen. Nur, wenn die Kameralinse am Smartphone einen Kratzer abbekommt, reagieren wir alarmiert. Der Rest … wird schon gut sein. Das ist er aber nicht. Nichts ist wirklich gut. Denn mit den neuen Kommunikationskanälen sind auch die Missverständnisse der Büchse der Pandora entfleucht, und so kommt es, dass wir noch nie so viel kommuniziert haben auf der Welt und uns noch nie so schlecht verstanden haben. Weil wir das Senden, aber nicht das Empfangen perfektioniert haben? Weil uns der Lautstärkeregler entglitt und die Wahrheit am Rand des Getöses einen leisen Tod stirbt? Weil wir nur noch hören wollen, was uns gefällt? Weil wir meinen, keine Zeit mehr zu haben für die wertschätzende Auseinandersetzung und uns das Zuhören langweilt? Martin Buber lehrt uns, dass der Mensch am Du zum Ich wird. Schenken wir also der Verständigung kein Augenmerk mehr, stellen wir uns selbst in Frage.