Suchen nach der Wahrheit. Wir Menschen suchen. Gestresst und hungrig konsumieren wir was wir können, um uns vor der Realität zu beschützen.
Fehlendes Gefühl von Freiheit. Suchen so in der Welt nach einem anhaltenden Gefühl von Geborgenheit. Suchen in anderen Menschen, in Anerkennung, in Urlaub, in der Zukunft, in der Vergangenheit nach etwas, das wir vermissen.
Etwas fehlt. Wir brauchen Ablenkung. Sind außen überfüttert mit der Welt und innen hungrig. Finden Frieden im Konsumieren aller möglichen Güter, doch die Befriedigung wird kurz und kürzer. Verzweifeln, finden neuen Grund zu leben, werden zersägt von Angst. Und irgendwann stehen wir da. Auf einer Brücke und fragen uns, was das eigentlich sollte. Warum ich, warum leide ich. Warum bin ich nicht glücklich? Was fehlt mir noch zum Glück? Ich habe doch alles. Das Auto, die schöne Frau, das Geld, die Anerkennung. Reich bin ich. Was fehlt. Warum fühle ich mich so leer. Warum leide ich. Und dann springt man nicht. Man gibt es auf, den Kampf, alles. Nicht indem man annimmt. Nein. Indem man Drogen nimmt. All die Rollen, die ich gespielt habe, sie fallen weg. Die Welt wird leicht, leicht, leicht. Keine Schwerkraft. Alles federleicht. Unbeschreiblich. Der Rucksack, den man fast das ganze Leben mit sich rumgetragen hat, fällt kurz ab. Der Rucksack namens Ich. Jeder Atemzug schmeckt. Und dann, früher oder später, fällt man und findet sich wieder, in der Welt des Leidens. Traurigkeit. Man muss es wieder nehmen. Der Zyklus endet nicht. Die Frage des Drogennehmens stellt sich. Die Frage ist nicht, wie man von Drogen frei wird, sondern warum nicht jeder Drogen nimmt, bis er stirbt.
Wahrheit suchen wir. Wahrheit, oft als absolut bezeichnet. Als unbeschreiblich beschrieben. Zeitlos muss sie sein, die Wahrheit. Frei von Zeit und Form.
Sprache kann also die Wahrheit nicht beschreiben. Warum schreibe ich dann hier überhaupt? Wie kann man Wahrheit erkennen? Wie kann ich Wahrheit erfahren? Wenn es Wahrheit gibt, muss es dann auch Illusion geben? Was ist die Illusion? Ist Sprache Illusion?
Ja. Sprache kann als Wegweiser verstanden werden. Sie zeigt in eine Richtung, auf etwas. Das Wort Blume ist keine Blume. Honig ist kein Honig. Pferd kein Pferd. Verliert man sich jedoch in den Worten, denkt sie wären real, echt, mehr als nur ein Etikett, so verliert man sich in der Welt. Alles bekommt einen Namen. Philosophie entsteht. Der Verstand möchte die Welt verstehen. Man selbst bekommt einen Namen. Plötzlich ist man mehr als nur eins. Gedanken entstehen, Stimmen streiten im Kopf. Die eine sagt, du hättest dir einen Nachtisch verdient. Die andere widerspricht. Konflikt entsteht, mit sich selbst und mit der Welt. Meinungen entstehen, Religionen entstehen, Kriege entstehen. Ein imaginäres Selbst entsteht. Man denkt nicht mehr. Man wird gedacht. Die Welt wird durch die Gedanken gesehen, alles beurteilt, in eine Schublade gesteckt, analysiert und überdacht. Die simple Schönheit aller Dinge kann nicht mehr erkannt werden. Ständig muss man denken. Man ist gefangen. Schönheit wird übersehen, menschliche Kommunikation unecht, Stille gemieden. Selbst Nichts wird zu etwas. Man fühlt sich fremd in der Welt. Alleine. Die Hölle, das sind die anderen. Und man selbst. Doch möchte etwas ausbrechen, etwas hat genug.
Alles hinterfragt der Mensch. Alles kann man hinterfragen. Kann man die Wahrheit hinterfragen? Wer bin ich? Bin ich Wahrheit. Wenn man das Hinterfragen hinterfragt, wer hinterfragt dann? Wenn man das Fragen hinterfragt, was soll man dann noch sagen?
Es gibt jetzt nichts mehr zu sagen, jedes Wort ist schon wieder eines zu viel. Aber etwas muss man ja schreiben, damit das hier nicht zu kurz wird. Viele Philosophen reden und schreiben
gerne auf komplexe Art und Weise, die Welt wird in ein System gepackt und wo etwas drückt, müssen Fremdwörter und verschachtelte Satzstruktur her. Oder wie Einstein sagt: Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht verstanden. Doch wie kam es eigentlich dazu, dass „hohe Philosophie“ oft mit komplizierten Ausdrucksweisen und unverständlichen Satzbauten assoziiert wird? Philosophie, die Liebe zur Weisheit, probiert, die Welt in Sätze zu quetschen. Alles bekommt einen weiterführenden Sinn, Dinge dürfen nicht mehr einfach nur sein. Wenn man sich glücklich fühlt, muss man wissen warum. Wenn sich jemand grundlos freut, macht es keinen Sinn. Man sucht in Philosophie einen Sinn, eine Antwort. Auch wenn die Antwort vielleicht lautet: Es gibt keine. Aber wozu das Ganze. Warum? Was passiert, wenn man aufgibt, Dinge verstehen zu wollen? Wenn auch nur für diesen Moment. Was passiert, wenn man nicht weiß, wer man ist, wozu man da ist, was der Sinn des Lebens ist und man all dies zulässt? Ich weiß, dass ich nichts weiß. Nicht im Sinne von, schaut wie clever ich bin, ich kann gut mit sprachlichen Paradoxa umgehen, ich kann „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ sagen. Nein.
Man lässt sein Nicht-Verstehen zu. Nur für diesen Augenblick gibt man es auf, Dinge verstehen zu wollen und lässt es einfach zu.
Menschliche Entwicklung. Es gibt keinen Weg zurück. Wir können uns nicht neben eine Katze setzen, nichts tun und ihren sorgenfreien Frieden genießen. Wir können nicht mehr auf die Ebene der Tiere und Pflanzen zurück. Dieses Stadium haben wir überschritten. Kein Weg zurück. Ohne Menschen gäbe es keine Zeit. Würde man einen Adler fragen, wieviel Uhr es ist, würde er fragen: „Uhrzeit? Was ist das?“ Ohne den Menschen ist es jetzt. Immer jetzt.
Aber wenn ich das hier so schreibe, entferne ich mich von der Philosophie oder ist auch das Kritisieren der Philosophie Philosophie?
Ist das Hinterfragen des Fragens eine Frage? Entsteht Konsens, wenn man Dissens zulässt? Sollte ich also all dies wieder löschen? Vielleicht.
Ach Entschuldigung, etwas Grundlegendes habe ich bis jetzt noch verschwiegen. Das Wichtigste habe ich nämlich noch nicht gesagt:
Das war das Wichtigste. Das war die Wahrheit.
David Angerer
BG Blumenstraße, 6c