Forum

Projekt Philosophicum 2019


Projektreihe zur Stärkung geisteswissenschaftlicher und philosophischer Begabungen und Interessen

 

Für interessierte Schülerinnen und Schüler aus Vorarlberger Gymnasien und berufsbildenden höheren Schulen ermöglicht seit 2018 eine Kooperation zwischen Philosophicum Lech, Verein Initiative Begabung und Bildungsdirektion für Vorarlberg (Büro für Begabtenförderung) die Teilnahme an den Vorträgen und Diskussionen des Philosophicum Lech.

20 Schüler*innen haben die Chance, sich für einen begehrten Platz in der philosophischen Runde zu bewerben und vier Tage in Lech zu verbringen. Dank dem Montagsforum als Sponsor sind Teilnahme und Unterkunft für diese Schüler*innen kostenlos.

Für die Initiator*in dieses Projektes, Mag.a Verena Chlumetzky-Schmid, ist allerdings klar: Eine Teilnahme ist nur dann fruchtbringend, wenn die Schüler*innen sich darauf vorbereiten bzw. vorbereitet werden. Diese Vorbereitung auf das Philosophicum leistet – nach der Auswahl über ein Motivationsschreiben – die Vorarlberger Sommerakademie des Vereins Initiative Begabung in der letzten Sommerferienwoche. Vier intensive Tage verbringen die Bewerber*innen mit dem Studium und der Diskussion philosophischer Texte. Dankenswerterweise wurden die angehenden Philosoph*innen heuer von Mag.a Michelle Lau, der Assistentin des wissenschaftlichen Leiters des Philosophicum Lech Konrad Paul Liessmann in die diesjährige Thematik eingeführt.

In Lech werden die Schüler*innen von AHS-Lehrer*innen (Ethik/Philosophie) begleitet und betreut.

 

Texte

Was ist Wahrheit?
David Angerer, BG Blumenstraße, 6c

Suchen nach der Wahrheit. Wir Menschen suchen. Gestresst und hungrig konsumieren wir was wir können, um uns vor der Realität zu beschützen.

Fehlendes Gefühl von Freiheit. Suchen so in der Welt nach einem anhaltenden Gefühl von Geborgenheit. Suchen in anderen Menschen, in Anerkennung, in Urlaub, in der Zukunft, in der Vergangenheit nach etwas, das wir vermissen.

Etwas fehlt. Wir brauchen Ablenkung. Sind außen überfüttert mit der Welt und innen hungrig. Finden Frieden im Konsumieren aller möglichen Güter, doch die Befriedigung wird kurz und kürzer. Verzweifeln, finden neuen Grund zu leben, werden zersägt von Angst. Und irgendwann stehen wir da. Auf einer Brücke und fragen uns, was das eigentlich sollte. Warum ich, warum leide ich. Warum bin ich nicht glücklich? Was fehlt mir noch zum Glück? Ich habe doch alles. Das Auto, die schöne Frau, das Geld, die Anerkennung. Reich bin ich. Was fehlt. Warum fühle ich mich so leer. Warum leide ich. Und dann springt man nicht. Man gibt es auf, den Kampf, alles. Nicht indem man annimmt. Nein. Indem man Drogen nimmt. All die Rollen, die ich gespielt habe, sie fallen weg. Die Welt wird leicht, leicht, leicht. Keine Schwerkraft. Alles federleicht. Unbeschreiblich. Der Rucksack, den man fast das ganze Leben mit sich rumgetragen hat, fällt kurz ab. Der Rucksack namens Ich. Jeder Atemzug schmeckt. Und dann, früher oder später, fällt man und findet sich wieder, in der Welt des Leidens. Traurigkeit. Man muss es wieder nehmen. Der Zyklus endet nicht. Die Frage des Drogennehmens stellt sich. Die Frage ist nicht, wie man von Drogen frei wird, sondern warum nicht jeder Drogen nimmt, bis er stirbt.

Wahrheit suchen wir. Wahrheit, oft als absolut bezeichnet. Als unbeschreiblich beschrieben. Zeitlos muss sie sein, die Wahrheit. Frei von Zeit und Form.

Sprache kann also die Wahrheit nicht beschreiben. Warum schreibe ich dann hier überhaupt? Wie kann man Wahrheit erkennen? Wie kann ich Wahrheit erfahren? Wenn es Wahrheit gibt, muss es dann auch Illusion geben? Was ist die Illusion? Ist Sprache Illusion?

Ja. Sprache kann als Wegweiser verstanden werden. Sie zeigt in eine Richtung, auf etwas. Das Wort Blume ist keine Blume. Honig ist kein Honig. Pferd kein Pferd. Verliert man sich jedoch in den Worten, denkt sie wären real, echt, mehr als nur ein Etikett, so verliert man sich in der Welt. Alles bekommt einen Namen. Philosophie entsteht. Der Verstand möchte die Welt verstehen. Man selbst bekommt einen Namen. Plötzlich ist man mehr als nur eins. Gedanken entstehen, Stimmen streiten im Kopf. Die eine sagt, du hättest dir einen Nachtisch verdient. Die andere widerspricht. Konflikt entsteht, mit sich selbst und mit der Welt. Meinungen entstehen, Religionen entstehen, Kriege entstehen. Ein imaginäres Selbst entsteht. Man denkt nicht mehr. Man wird gedacht. Die Welt wird durch die Gedanken gesehen, alles beurteilt, in eine Schublade gesteckt, analysiert und überdacht. Die simple Schönheit aller Dinge kann nicht mehr erkannt werden. Ständig muss man denken. Man ist gefangen. Schönheit wird übersehen, menschliche Kommunikation unecht, Stille gemieden. Selbst Nichts wird zu etwas. Man fühlt sich fremd in der Welt. Alleine. Die Hölle, das sind die anderen. Und man selbst. Doch möchte etwas ausbrechen, etwas hat genug.

Alles hinterfragt der Mensch. Alles kann man hinterfragen. Kann man die Wahrheit hinterfragen? Wer bin ich? Bin ich Wahrheit. Wenn man das Hinterfragen hinterfragt, wer hinterfragt dann? Wenn man das Fragen hinterfragt, was soll man dann noch sagen?

Es gibt jetzt nichts mehr zu sagen, jedes Wort ist schon wieder eines zu viel. Aber etwas muss man ja schreiben, damit das hier nicht zu kurz wird. Viele Philosophen reden und schreiben
gerne auf komplexe Art und Weise, die Welt wird in ein System gepackt und wo etwas drückt, müssen Fremdwörter und verschachtelte Satzstruktur her. Oder wie Einstein sagt: Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht verstanden. Doch wie kam es eigentlich dazu, dass „hohe Philosophie“ oft mit komplizierten Ausdrucksweisen und unverständlichen Satzbauten assoziiert wird? Philosophie, die Liebe zur Weisheit, probiert, die Welt in Sätze zu quetschen. Alles bekommt einen weiterführenden Sinn, Dinge dürfen nicht mehr einfach nur sein. Wenn man sich glücklich fühlt, muss man wissen warum. Wenn sich jemand grundlos freut, macht es keinen Sinn. Man sucht in Philosophie einen Sinn, eine Antwort. Auch wenn die Antwort vielleicht lautet: Es gibt keine. Aber wozu das Ganze. Warum? Was passiert, wenn man aufgibt, Dinge verstehen zu wollen? Wenn auch nur für diesen Moment. Was passiert, wenn man nicht weiß, wer man ist, wozu man da ist, was der Sinn des Lebens ist und man all dies zulässt? Ich weiß, dass ich nichts weiß. Nicht im Sinne von, schaut wie clever ich bin, ich kann gut mit sprachlichen Paradoxa umgehen, ich kann „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ sagen. Nein.

Man lässt sein Nicht-Verstehen zu. Nur für diesen Augenblick gibt man es auf, Dinge verstehen zu wollen und lässt es einfach zu.

Menschliche Entwicklung. Es gibt keinen Weg zurück. Wir können uns nicht neben eine Katze setzen, nichts tun und ihren sorgenfreien Frieden genießen. Wir können nicht mehr auf die Ebene der Tiere und Pflanzen zurück. Dieses Stadium haben wir überschritten. Kein Weg zurück. Ohne Menschen gäbe es keine Zeit. Würde man einen Adler fragen, wieviel Uhr es ist, würde er fragen: „Uhrzeit? Was ist das?“ Ohne den Menschen ist es jetzt. Immer jetzt.

Aber wenn ich das hier so schreibe, entferne ich mich von der Philosophie oder ist auch das Kritisieren der Philosophie Philosophie?

Ist das Hinterfragen des Fragens eine Frage? Entsteht Konsens, wenn man Dissens zulässt? Sollte ich also all dies wieder löschen? Vielleicht.

Ach Entschuldigung, etwas Grundlegendes habe ich bis jetzt noch verschwiegen. Das Wichtigste habe ich nämlich noch nicht gesagt:
Das war das Wichtigste. Das war die Wahrheit.

David Angerer
BG Blumenstraße, 6c

Anstand in der Politik
Anton Beer, BRG Dornbirn-Schoren, 8ITM

Die Ereignisse rund um die Neuwahlen in Österreich ausgelöst durch den Ibiza Skandal, die Schredder Affäre und diverse fragwürdige Parteienfinanzierungen haben eine Diskussion über ein Mindestmaß an Anstand, den ein Politiker besitzen sollte, ausgelöst. Dieses Essay geht dieser Frage nach.

Anstand in der Politik sollte im Wahlkampf beginnen. Schmutzkampagnen, Lügen und das Beeinflussen von Journalisten sind inakzeptable Handlungen, denn sie führen indirekt zum Zerfall der Demokratie. Vom einfachen Beschimpfen eines politischen Gegners bis hin zum Verkaufen von Staatsaufträgen ist es nicht weit, wie aus österreichischen Beispielen der jüngsten Vergangenheit hervorgeht. Auch wenn an diesem Sommerabend in einer Villa in Ibiza vermutlich keine Gesetze gebrochen wurden, tragen Politiker dennoch eine moralische Verantwortung gegenüber ihrem Land und den Menschen, die sie vertreten. Die Situation wird auch nicht dadurch entschärft, dass besagte Politiker an diesem Abend unter dem Einfluss von Alkohol standen. Alkohol lockert bei manchen Menschen zwar die Zunge, allerdings verleitet Alkohol nicht dazu, Aussagen zu tätigen, die dem eigenen Wertekompass widersprechen. Alleine der Gedanke daran, mit russischem Geld eine Zeitung zu kaufen, um die Bevölkerung zu beeinflussen und Staatsaufträge unter der Hand an Freunde zu vergeben, sollte Grund genug sein, um aus der Politik auszutreten und nie wieder zurückzukehren. Es sollte sich von selbst verstehen, dass es unmoralisch ist, die Menschen zu verraten, die einem mit ihrer Stimme ihr Vertrauen geschenkt haben.

Politiker sind Personen des öffentlichen Interesses. Auch wenn eine klare Trennung zwischen Privatleben und Öffentlichkeit optimal wäre, ist es fast immer unmöglich, diese sauber durchzuführen. Das Privatleben der Politiker findet immer wieder Platz in öffentlichen Diskussionen. Deshalb sind Volksvertreter verpflichtet, sich auch in ihrem Privatleben vorbildhaft zu verhalten und auch zu den eigenen Werten zu stehen. Es sollte jedoch auch von allen Politikern respektiert werden, dass persönliche Angriffe keinerlei Mehrwert bringen, nur der Bloßstellung des Gegenübers dienen und deshalb unterlassen werden müssen.

Es versteht sich von selbst, dass die demokratischen Werte in einer Demokratie anzuerkennen sind. Jeder Versuch das System von innen zu zerstören ist inakzeptabel und darf nicht ohne Folgen bleiben. Demokratie bietet zwar Platz für alle Meinungen. Allerdings muss sie sich auch selbst schützten, indem sie verhindert, dass Demokratiefeinde keine Chance bekommen, sie zu zerstören. Wichtig dabei ist, den Versuch das System zu zerstören von Verbesserungsvorschlägen und Kritik am System zu unterscheiden.

Politischer Anstand bedeutet, sich für das System und für die Gerechtigkeit einzusetzen. Dies braucht oft viel Mut. Ein Beispiel für einen Menschen mit viel Anstand und Zivilcourage war der amerikanische Senator John McCain. Er sah seine Aufgabe als Senator, im Gegensatz zu fast allen Senatoren, wie in der Verfassung eigentlich vorgesehen, als Kontrollorgan der Regierung. John McCain stand mit beneidenswerter Konsequenz zu den Werten der Demokratie. Obwohl er von einer Operation geschwächt war, reiste er zu einer wichtigen Sitzung des Senats nach Washington und stimmte dort, entgegen der Parteilinie, für das
Beibehalten der Gesundheitsreform „Obamacare“. Damit zog er sich die Feindschaft vieler Parteikollegen zu.
Politischer Anstand ist, zu seinen Taten zu stehen. Auch zu eigenen Fehlern soll gestanden werden. Die eigene Schuld auf andere abzuwälzen zeugt von Feigheit und mangelndem Anstand. Ebenso ist es nicht anständig, die ganze politische Arbeit darauf zu konzentrieren, Fehler bei anderen zu finden, um sie zu blamieren. Politiker sollten immer an erster Stelle darauf achten, was sie besser machen können. Sie sollten nicht die Vorgängerregierung kritisieren, ohne selbst eine Alternativlösung anzubieten. Genau vor diesem Problem steht Boris Johnson, der Premierminister des Vereinigten Königreichs. Er kritisiert die „Backstop“ Lösung mit Nordirland. Diese besagt, dass auf jeden Fall eine offene Grenze erhalten bleiben muss. Da diese Lösung allerdings besser als keine Lösung ist, hat er wenig Chancen im Streit mit der Europäischen Union. Eine Alternativlösung ist die wichtigste Verhandlungsbasis in politischen Auseinandersetzungen.

Politischer Anstand bedeutet, jedem Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen und nicht, Menschen auszubeuten. Höchste Priorität in der Politik sollte sein, im Sinne der Allgemeinheit zu handeln. Das fängt beim Umweltschutz an, geht über Tierschutz und Unterstützung für Bedürftige bis hin zu einer umfassenden Allgemeinbildung, die für alle zugänglich ist. Es ist nicht im Sinne der Allgemeinheit, Gesetze für die Reichen und Firmen zu erlassen, unter denen die Armen leiden. In diesem Fall wird es für die Armen immer schwerer, ein Leben mit Würde zu führen. Ein zwölf-Stundentag ist für Firmen eine tolle Sache, für eine alleinerziehende Mutter allerdings ein Riesenproblem.

Politischer Anstand ist auch das Respektieren und Einhalten der festgelegten Regeln. Regeln werden nicht zum Spaß erlassen. Sie sollten immer auch einen Sinn haben. Nur weil eine andere Partei ihre Wahlkampfausgaben überschreitet, bedeutet das nicht, dass dies eine Rechtfertigung dafür ist, die eigenen Ausgaben ebenfalls zu überschreiten.

Der wichtigste Wert, den politischer Anstand beinhaltet, ist der Respekt vor politischen Gegnern. Ohne Respekt voreinander ist es unmöglich, zu einer Einigung oder einem Kompromiss zu kommen. Politik besteht allerdings aus Kompromissen. Es gibt kein Thema, bei dem alle Menschen die gleiche Meinung besitzen. Es gibt zwar keinen perfekten Kompromiss, es gibt aber den besten Kompromiss, mit dem alle am ehesten einverstanden sind. Ziel der Politik muss immer sein, diesen Kompromiss zu finden. Dies ist nur möglich, wenn alle Ansichten respektiert werden.

Zusammenfassend ist Anstand in der Politik eine Kombination aus Respekt und aus dem Mut sich für andere Menschen und die Demokratie einzusetzen. Ohne diesen Anstand kann die Volksherrschaft keine Zukunft haben.

Anton Beer
BRG Dornbirn-Schoren, 8ITM
Dornbirn 16.09.2019

Chancengleichheit – eine Utopie?
Miriam Christa, Musikgymnasium Feldkirch, 9m

Es steht jedem das Recht zu, nein, es schreibt jedem das Recht vor, ab dem 7. Lebensjahr eine Schule zu besuchen und die Chance auf Bildung in Anspruch zu nehmen. Bedeutet das aber, dass eine allgemeine Chancengleichheit herrscht?

Mit dem Einführen der Schulpflicht ist zwar ein Startpunkt für Schüler aus verschiedensten Verhältnissen festgelegt worden, die Umstände, Vorgeschichten und Hindernisse der Individuen unterscheiden sich jedoch stark. Schon bei der Geburt stehen der sozioökonomische Status und damit auch die Chancen auf eine höhere Schulbildung und die Möglichkeiten auf einen Aufstieg in die privilegierte Klasse fest.

Die Elite bleibt unter sich. Dies zeigt auch unser momentanes Schulsystem. Schon nach der 4. Klasse Volkschule steht die große Entscheidung an und die Wege trennen sich. Die gerade erst Neunjährigen müssen eine Wahl treffen, die großen Einfluss auf ihre weitere Schul- und Berufslaufbahn hat. Laut Zahlen der Statistik Austria „entscheiden“ sich Dreiviertel der Kinder aus Akademikerfamilien dafür, eine Schule mit AHS Niveau zu besuchen, während 80 % der Kinder mit Eltern, die eine Lehre oder den Pflichtschulabschluss haben, meist den Weg über die Mittelschule wählen. Dabei entscheiden das meist nicht die Kinder sondern ihre Eltern. Für einen Großteil der Akademikereltern wäre es unvorstellbar, die eigenen Kinder auf eine Hauptschule zu schicken, während Schüler mit Familien aus sozial benachteiligten Schichten gar nicht erst darüber nachdenken ein Gymnasium zu besuchen. Oft liegt das an fehlendem Selbstvertrauen und zu wenig Unterstützung. In manchen Situationen reicht auch einfach der Notendurchschnitt nicht für den Sprung aufs Gymnasium. Die nicht nur in Österreich vorhandene Kluft zwischen Akademiker-Kindern und Nicht-Akademiker-Kindern wird besonders in dem in „Die Zeit“ erschienenen Artikel „Mehr Luft für den Aufstieg“ deutlich. Die dort angeführten Statistiken zum deutschen Bildungssystem zeigen, dass von hundert Kindern, mit mindestens einem studierten Elternteil, drei Viertel ein Studium beginnen, sechzig Prozent den Bachelor und fast die Hälfte den Master absolvieren und zehn Prozent eine Promotion erreichen. Bei Kindern aus Nicht-Akademiker-Familien beginnen nur ungefähr 20 Prozent ein Studium von denen dann nur 15 Prozent Bachelorabsolventen und 8 Prozent Masterabsolventen werden. Nur ein Einziger von Hundert erhält den Doktorgrad.

Liegt das dann einfach am Potential und an den Fähigkeiten der Schüler oder steckt dahinter ein komplexes Zusammenspiel, aus zu wenig familiärer Unterstützung, der Behandlung durch Lehrer und Mitschüler und nicht vorhandener schulischer Förderung?

Man nehme die Metapher eines Hundertmeterlaufes her. Die zwei Teilnehmer starten in derselben Startposition, zur selben Zeit, am selben Ort. Hört sich nach einem gerechten Wettkampf an. Was dabei außeracht gelassen wird, ist die Tatsache, dass die Startnummer 1 die neusten Sportschuhe besitzt, während Teilnehmer 2 in einem Paar abgenutzter Turnschuhe starten muss. Startnummer 1 gewinnt mit einer Viertelsekunde Vorsprung. Nun lässt sich behaupten, dass diese Voraussetzungen keinerlei Einfluss auf die Leistung und die Ergebnisse der Teilnehmer haben und Nummer 1 schlichtweg besser und schneller war. Dabei werden äußere Umstände völlig außeracht gelassen. Der Fokus liegt auf den Regeln des Wettkampfs und laut denen, hatten beide den gleichen Startpunkt und die gleiche Laufbahn.

Es lassen sich Parallelen zu den Begrifflichkeiten Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit ziehen. Die gerade beschriebene These fällt in den Bereich der Chancengerechtigkeit, dabei
werden A und B im selben System der gleiche Startpunkt und die gleichen Hilfsmittel gegeben, erfahren also die gleiche Behandlung. Hört sich im ersten Moment nach dem Idealsystem an. Was jedoch anzustreben wäre, ist der Zustand von Chancengleichheit. Dabei wird A die Unterstützung, in diesem Falle ein Paar ordentlicher Turnschuhe, geboten, die nötig ist, um die Benachteiligungen auszugleichen. B bekommt dabei zwar keine zusätzliche Unterstützung, erfährt aber auch keinen Nachteil. Wieso wehrt sich ein großer Teil der Elite dann gegen dieses Konzept?

Häufig wird argumentiert, dass die schwächeren Schüler das Niveau der leistungsstarken Schüler nach unten ziehen und sie in ihrer Entwicklung zurückhalten würden. Schenkt man dieser Aussage Glauben, so entspräche die Behauptung, dass B unter keinen Nachteilen leidet, nicht der Wahrheit. Laut einer Studie, die bereits 2006 von der Volkswirtin Nicole Schneeweis durchgeführt wurde, zeigt sich aber, dass die Durchmischung von Schülern mit unterschiedlichem sozioökonomischem Status, zwar einen Effekt auf die Leistungen der Schüler hat, dieser ist jedoch kein negativer. Anhand einer Analyse der Pisa-1-Daten stellte sich heraus: „Schüler, deren eigener Status hoch ist, sind weniger beeinflusst. Bei Schülern mit geringerem Status ist der Effekt der Mitschüler größer. Diese kompensieren quasi das, was die Eltern der Schwächeren nicht leisten können.“ Die leistungsstärkeren Schüler leiden unter keinem Nachteil und erfahren kaum Veränderungen, während leistungsschwächere Schüler vom gemeinsamen Lernen profitieren.

Überträgt man die Ausdrücke Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit auf das momentane Schulsystem, so gilt das Prinzip der Chancengerechtigkeit. Nur die momentane und innerschulische Leistung eines Individuums ist von Bedeutung. Wer den Standards nicht gerecht wird und schwache Leistungen erbringt, muss sich wohl oder übel dem System beugen und dem Weg zum Pflichtschulabschluss folgen. Dies wäre gerecht, wenn hinter schulischem Versagen wirklich die Fähigkeiten der Schüler ständen, viel mehr aber bestimmen die Umstände und Belastungen eines Einzelnen über die Konzentrations- und Lernfähigkeit. Um solche Fehlurteile zu verhindern, müssten betroffenen Schülern zusätzliche Unterstützungen geboten werden, um ihnen die gleichen Chancen wie ihren Mitschülern zu ermöglichen. Die Durchsetzung dieses Ideals liegt in den Händen der gebildeten Schicht.

Dass es in diesem Konflikt um weit mehr als ein geschenktes Paar Turnschuhe geht, liegt auf der Hand. Vielmehr stehen die Macht und die Privilegien der Elite auf dem Spiel. Wissen ist Macht. Macht über die Unwissenden. Macht, die verloren geht, wenn wir den Beherrschten nicht nur die Werkzeuge geben um sie von ihren Fesseln zu befreien, sondern auch gleichzeitig erklären, wie diese zu benutzen sind. Ein Risiko, das jene, die vom momentanen System profitieren, nicht bereit sind einzugehen. Wer bleibt sonst übrig, um die primitiven, undankbaren Arbeiten zu verrichten, auf deren Boden sie ihren Reichtum und ihre Macht aufbauen? Der Grund für das kontinuierliche Bestehen dieses Systems und das Schweigen der Masse, ist das Geschick mit welchem den weniger privilegierten Schichten vorgespielt wird, gleiche Chancen auf Bildung und Wissen zu bekommen. Dabei wird dem Menschen gerade so viel Wissen ermöglicht, um die Illusion zu bewahren, aber nicht genug um sich zu befreien.

Miriam Christa
Musikgymnasium Feldkirch, 9m

Was ist Philosophie?
Paul Gruber, Bundesgymnasium Feldkirch Rebberggasse, 7a

Der Begriff der Philosophie ist, da sein Wesen einerseits den Nichtphilosophen verschlossen bleiben muss, und er doch – wie man es ausdrücken könnte – inflationär gebraucht wird, in seinem breiten Verständnis von wesentlichen Missverständnissen beherrscht. Es ist ein Wesentliches etwa, das die Öffentlichkeit dazu tendieren lässt, sowohl die Philosophie als auch die Wissenschaften gänzlich falsch einzuschätzen, nämlich der Irrtum, letztere, allen voran die Naturwissenschaften, seien entgegen der anscheinend allein spekulativen Philosophie der Wirklichkeit näher als diese, sie könnten gar gesicherte Wahrheiten liefern. Blickt man klarer, muss verständlich werden, dass eben das genaue Gegenstück (in logischem Sinne) zu dieser Ansicht wahr ist. Es soll im Folgenden versucht werden, einige wenige Punkte klar zu machen, zu versuchen, den Kern der Philosophie zu skizzieren.

Zuerst wollen wir unseren Blick auf den Geist richten, der die Naturwissenschaften in der Neuzeit zu der Stellung erhoben hat, die diese in der Moderne eingenommen haben, und den philosophischen in seinem Kontrast zu diesem zu charakterisieren versuchen. Es ist der Geist des Fortschritts – so wie Wittgenstein den Begriff versteht. Dieser Geist ist ein zweckvoller, was heißt, dass in ihm alles nur Zweck um des anderen Willen ist, dass jeder derzeitige Zustand seine Berechtigung im ihm folgenden findet. Und so ist auch das Wissen nur Zweck zum Mehrwissen und muss daher oberflächlich bleiben. Oberflächlich ist hier nämlich nicht in dem alltäglichen Sinne gemeint, dass der menschliche Geist sich nicht weit erstreckt, dass er manches vergisst, sondern eben, dass er nicht tief geht. Dem fortschrittlichen Denken ist Wissen eben auf seine Vermehrung gerichtet, nicht um des Verständnisses wegen, wie es in der Philosophie der Fall ist. Es geht demnach nicht um Begreifen dessen, was vor einem liegt, denn um die Ausweitung des Blickes allein.

Dieses Fortschrittsdenken aber führt nun dazu, dass der Mensch sich völlig der Wirklichkeit – hier sowohl im gebräuchlichen wie im zeitlogischen Sinn gemeint – entfremdet hat, da es seinen Blick ganz auf das Zukünftige hin orientiert, wodurch er zu einem gehetzten geworden ist. Das gute Leben aber ist wirklich, daher: gegenwärtig, denn wenn das Leben Sinn hat, so ist jede sinngemäße und daher gute Tätigkeit sich Selbstzweck, also nicht auf ein Zukünftiges oder Vergangenes gerichtet, sondern allein auf sich selbst: Es ist also gegenwärtig. Folglich muss das alleinige Fortschrittsdenken ein falsches sein.

Ganz diesem widerstrebend ist der Geist der Philosophie, der, wie Wittgenstein betont, nach Verständnis strebt. Was heißt dies? Er strebt nach einer Tiefe des Wissens, die nicht mehr Wissen allein ist, nach einem tiefen Verstehen der Tatsachen, und es ist ein wesentlicher Unterschied, ob man sich mit dem Wissen um einen Sachverhalt begnügt, oder ob man sich nach einem Verständnis seiner Bedeutung für das Dasein bemüht. Weiters strebt die Philosophie folglich ebenso nach Weisheit, da diese doch nichts anderes ist als ein tiefes Verständnis des Daseins und des Bestimmenden in Einheit mit der Lebenspraxis.

Was lässt sich aus dieser Feststellung noch sagen? Etwa, dass Philosophie auf das Dasein blickt wie auf das Bestimmende und dies in einer Art hermeneutischem Zirkel: Sie blickt auf das Dasein des Einzelnen, auf das Dasein an sich in Hinblick auf die Welt und auf diese, in Hinblick auf das Dasein des Einzelnen etc., was heißt: Sie betrachtet das Einzelne unter Hinsicht auf das Ganze und das Ganze in Hinsicht auf das Einzelne. Philosophie ist also lebensnah, denn sie setzt sich eben damit auseinander. Aber in dieser Weise tätig, so wird
man einwenden, sind doch auch zumindest manche der Wissenschaften, etwa Psychologie, Humanmedizin, Teile der Biologie und so fort. Es fehlt ihnen aber nun zum einen diese hermeneutische Sichtweise, d. h. ihnen geht entweder der Einzelne oder das Ganze verloren, zum anderen müssen die Wissenschaften durch ihren Positivismus das eigentlich Wesentliche verfehlen. Denn nur die Philosophie schafft es – anders als sie – über das hinauszugehen, was man sieht, indem sie aufzeigt, was sich eben nicht sehen lässt, indem sie aufzeigt, was sich eben nicht sagen lässt. Gerade aber im Verhältnis zu diesem Unverstehbaren, man will es das Nichts nennen oder das Unsagbare, besteht doch die wesentliche Problematik unseres Daseins, die sich nicht auflösen lässt, da man nicht verstehen kann, was sich nicht denken lässt.

Wie kommt nun aber die Philosophie zu diesem Grenzabstecken? Zum einen, indem sie das Denken gleichsam von innen her abzugrenzen versucht und im Grunde sind alle metaphysischen Systeme nichts anderes, als ein Versuch, die Grenze, die nie völlig klar gezogen werden kann, auszuloten. Das gelingt aber nur, wenn die Philosophie frei von Spekulation ist, sich ganz auf die Tautologien selbst begrenzt, damit auch auf die notwendigen Aussagen. Sie allein kann gesicherte Sätze liefern, während die Sätze der Naturwissenschaften immer hypothetisch bleiben müssen, sich nie verifizieren, sondern nur falsifizieren lassen. Diese unterscheiden sich somit von der Mythologie nur durch ihren Positivismus und die Festlegung der Methoden, nicht aber ihrem logischen Wesen nach. Das heißt nichts anderes, als dass sowohl das mythologische Denken als auch das naturwissenschaftliche hypothetisch sind – auf den Wegen der Induktion wie Abduktion. Mythologie ist sozusagen religiöse Naturwissenschaft oder naturwissenschaftliche Religion. So sind die Götter durch ihren immanenten Charakter auch am besten als Kräfte oder ähnliches zu sehen, sie stehen jedenfalls zur Welt und zu sich gegenseitig in kausalen Beziehungen, deren Zweck auch eine Welterklärung in naturwissenschaftlicher Art und Weise ist. Diese Verwandtschaft hält uns die Unfähigkeit der Wissenschaften zu gesicherten Sätzen deutlich vor Augen, die sie unter anderem von dem philosophischen Denken unterscheidet.

Zum anderen ist die Blickweise der Philosophie – und eben das ist sie ja doch: eine Herangehensweise an das Dasein, ein Blickwinkel, von dem aus die Welt gesehen wird – eine dumme, will heißen: unwissende, was ermöglicht, die Dinge immer wieder neu und unvoreingenommen zu sehen. Sie ist auch eine mystische. Dazu folgendes: Wie Heidegger betont, findet die Philosophie ihren Ursprung in einer Stimmung, die eine staunende ist. Sie rührt vom Blickwinkel auf die Welt her, der ein mystischer ist. Und „(n)icht wie die Welt ist, ist das Mystische, sondern daß sie ist“. (Wittgenstein, Logisch-philosophische Abhandlung, 6.44) Es ist die mystische Betrachtungsweise, die das Unaussprechliche sich zeigen lässt. Kurz: Die Gestimmtheit der Philosophie ist ein Staunen über die Existenz, welches uns die Unfassbarkeit des Grundes vor Augen führt. (Und hierin unterscheidet sich die philosophische Sichtweise in keiner Weise von der künstlerischen.) Dieses Nichts gebiert natürlich Angst, der wir nur durch den rettenden Sprung in den Glauben entgehen, wie Kierkegaard gesagt hat. Nun ist aber die Beziehung der Philosophie zum Zweifel klar, so dass verständlich sein muss, dass diese Angst nie ganz überwunden werden kann, sondern nur kultiviert, gezähmt könnte man sagen.

Das philosophische Tätigsein ist nun aber in gewisser Weise auch das, welches dem Glauben, der ja über die Vernunft hinausgeht, ihr aber nicht widersprechen darf, seinen Raum gibt und diesen begrenzt, besser: ihm Raum gibt, indem er diesen begrenzt. Dieses Beschränken ist quasi eine Art Destillation vom Aberglauben. Philosophie ist somit Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes, wie Wittgenstein es ausdrückt.
Fassen wir kurz zusammen: Philosophie ist also ein Bemühen um Verständnis und Klarheit des Denkens, was dasselbe bedeutet, sie ist ein Bemühen um Wirklichkeit, um Begreifen der Probleme des Daseins und so weiter. In diesem Bemühungscharakter zeigt sich, dass Philosophie ebenso Arbeit an sich selbst ist, wie Wittgenstein sagt, an unserer „eigenen Auffassung, daran wie man die Dinge sieht“, dass sie ein Ethisches ist und damit als Ziel eine gute Lebensführung hat. Aber in all diesem Bemühen um das Gute offenbart sich nun neben der mystischen und der logischen eine ethische Sichtweise auf Welt und Dasein. Man kann ihr Verknüpftsein durch die Philosophie am besten mit dem Vorwort Hölderlins zum Hyperion erfassen, in dem er schreibt, weder, wer eine Blume nur denke, noch, wer sie nur sehe und sich an ihr erfreue, hätte sie wirklich begriffen.

Der Versuch, die Philosophie hier vollständig darzustellen, muss unvollständig bleiben, da es alleiniges Ziel dieses Essays gewesen ist, eine nur skizzenhafte Umreißung vorzunehmen. Es ist versucht worden, das Wesen des philosophischen Tätigseins von mehreren Aspekten her zu beleuchten und darzustellen, dass diese verwoben sind, dass sie sich gegenseitig wie das Ganze bereits im Keim enthalten und dass die Philosophie nur als Gesamtheit dieses Gewebes begriffen werden kann. Dieses Ganze umfasst auch eine Nähe zum menschlichen Dasein und seinen Problemen, zur Welt, zum Denken und so weiter, das allein ihm zukommt und das vielleicht den Kern aller Philosophie ausmacht. Sie ist, um es mit Heraklit zu sagen, Streben nach Wachheit und damit in gewisser Weise nach sich, nach der Philosophie selbst: als Selbstzweck.

Paul Gruber
Bundesgymnasium Feldkirch Rebberggasse
7a

Ein Plädoyer für die CO2-Steuer
Chiara Hubner, BG Blumenstraße, 8a

Eine neue Steuer führt selten zur Allgemeinbegeisterung, jedoch sollte sie das, wenn es sich um die Sicherung unserer Lebensgrundlage handelt, die Erdatmosphäre. Die CO2-Steuer muss kein Schreckgespenst sein, wie einige Beispiele zeigen. Es fordert lediglich Planung, ethische Überlegungen und Transparenz.

Bei der Tagung „ÖKO_logisch_Steuern“ in Wien präsentieren das Ökobüro und das Ökosoziale Forum ein Modell für eine ökologische Steuerreform in Österreich. Umweltschädliche Subventionen sollen dadurch ab- und die Erhebung von Ökosteuern ausgebaut werden. Somit werden CO2-Emissionen gesenkt und neue Arbeitsplätze geschaffen, nebenbei wird die österreichische Wirtschaft angekurbelt. Nordische Länder machen es uns vor und profitieren seit den letzten 20 Jahren auf wirtschaftlicher und ökologischer Ebene von einem bewussten Ausbau der Umweltsteuer. In Schweden werden beispielsweise alle Rohstoffe besteuert, bei deren Verbrennung klimaschädliches Kohlendioxid entsteht. Das schwedische Modell besagt, dass bei Diesel eine Preissteigerung von 20 Prozent gefordert wird. Kohle- und Ölheizungen werden ebenfalls teurer, wie auch der Klimarappen in der Schweiz und die CO2-Steuer in der kanadischen Provinz British Columbia zeigen. Was für einen Nutzen haben nun die SteuerzahlerInnen davon? Belastung spielt immer mit Entlastung zusammen, daher wird durch dieses Modell die Einkommenssteuer für Private reduziert. Zusätzlich gibt es Öko- Bonus-Zahlungen für belastete Gruppen und ländliche Bereiche. Doch wie sieht es mit PendlerInnen aus, die durch den Job gezwungen sind täglich das Auto zu verwenden und somit auch mehr zu zahlen? In Kanada gibt es Regionen in denen Menschen auf das Auto angewiesen sind und die Angst war daher zu Beginn sehr groß. Jedoch wurde die CO2-Steuer von der Bevölkerung akzeptiert und das hat, meiner Meinung nach, wichtige Hauptgründe: Es gab von Anfang an einen klaren Zielpfad, dadurch konnten sich Akteure schnell anpassen. Außerdem wurde die Kommunikation nicht vernachlässigt, es wurde klar ausgedrückt was mit den Einnahmen der CO2-Steuer passiert und, dass das zusätzliche Geld der Bevölkerung zugutekommt. Natürlich gibt es auch Situationen in denen die Ökosteuer zu mehr Konflikten, als zu Frieden und mehr Umweltbewusstsein geführt hat. Die Gelbwesten in Frankreich stellen ein großes Warnsignal dar und veranschaulichen am besten, wie man diese innovative Idee falsch einsetzen kann. Die höheren Benzinpreise führten nicht zu einem bewussteren Umgang mit Rohstoffen, sondern zur Empörung und Protesten der Gelbwesten. Ihre Unaufgeklärtheit erklärt das Scheitern. Anstatt Informationen zu Ziel, Grund und Durchsetzung zu erhalten, blieben französische BürgerInnen im Unklaren über die genaue Verwendung der zusätzlichen Steuereinnahmen und die soziale Ausgewogenheit wurde ignoriert. Als logische Folge ging das demonstrierfreudige Volk auf die Straßen.

Da sich die Einnahmen der Umweltsteuer durch diese Reform verdoppeln, scheint es zunächst verständlich, dass sich der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz gegen die CO2-Steuer in Österreich ausspricht. Er möchte BürgerInnen durch zusätzliche Zahlungen nicht mehr „belasten“ als nötig. Sebastian Kurz sieht mehr Nutzen in der Bildung von Industriefirmen, in der Förderung von Forschung, Entwicklung und in den Reformen des Wettbewerbsrechts. Letzteres zu reformieren ist Kurz ein Anliegen, damit europäische Unternehmen weiterhin im weltweiten Konkurrenzkampf mithalten können. Entscheidend seien die Themen, wie sich Europa im Wettbewerb mit den USA und China behaupten könne. Generell sei er gegen eine Ökosteuer in Österreich, für das Umweltproblem müsse eine Lösung auf globalem Boden gefunden werden, nationale Umweltmaßnahmen haben keine spürbar positiven Auswirkungen auf die Umwelt. Nationale Anstrengungen, in Bezug auf den Klimaschutz,
seinen zwar lobenswert aber nicht sinnvoll. Auf den ersten Blick scheint der ehemalige Bundeskanzler alle Argumente die für eine Ökosteuer in Österreich sprechen widerlegt und kleingemacht zu haben, es habe ja sowieso keine Auswirkungen auf die Umwelt, wenn das Problem nur national angegriffen wird. Jedoch scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass Probleme solcher Art primär durch die Einsicht der Einzelnen und sekundär durch das Angreifen des Problems in Form von Taten behandelt werden müssen. Nationale Steuerbewegungen, wie in den nordischen Ländern, geben Anstoß zum Nachdenken. Kleine, vereinzelte Änderungen scheinen mir wirkungsvoller zu sein, als das Warten auf den großen Zusammenschluss. Es handelt sich um einen perfektionistischen Fehlschluss, nachdem man erst handeln sollte, wenn man die „perfekte“ Lösung gefunden hat. „Das Bessere ist des Guten Feind“, soll Voltaire dazu gesagt haben. Daher kann dieser Fehlschluss als Ausrede interpretiert werden, um erst recht nichts zu unternehmen. Die Aussage, dass es nur eine europaweite Durchsetzung geben kann, setzt für mich die Vereinigten Staaten von Europa voraus, welche offensichtlich noch nicht gegeben sind. Bis es zu solch einer Vereinigung kommt und alle beteiligten Länder eine gemeinsame Steuerreform, auf europäischer Ebene, durchführen können, könnte es für die Umwelt, unsere Existenzgrundlage, bereits zu spät sein. Die von Kurz angesprochenen Investitionsalternativen scheinen mir berechtigt, jedoch lächerlich im Vergleich zu der immensen Bedeutung des aktuellen Zustands des Klimas. Was könnte wichtiger sein, als der Boden auf dem wir gehen, die Luft, die wir atmen, oder die Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen? Der, nur noch abzuschwächende, Klimawandel geht mit unseren Lebensbedingungen Hand in Hand und stellt Wirtschaftswachstum und co. in den Schatten der Nebensächlichkeit. Der Vorsatz „Forschung statt Umwelt“ ist ein Trugschluss in sich, denn in einer zerstörten Umwelt lässt sich keine Forschung mehr betreiben, da der Mensch selbst dann nicht mehr existiert.

„Wenn sich alle Politiker und Politikerinnen für den Klimaschutz aussprechen, aber die Treibhausgase in Österreich dennoch weiterhin steigen, dann läuft irgendetwas gewaltig falsch“, stellt Josef Scheinast, der GRÜNE Umweltsprecher, fest und verkörpert meine Einstellung gegenüber dem aktuellen Geschehen. Es ist eine ganz einfache Rechnung: Um die Erderhitzung zu bekämpfen, muss man den Ausstoß von Klimagiften senken – und das möglichst schnell. Ich würde die Ökosteuer als umsetzbares Steuerinstrument bezeichnen, welches an das Umweltbewusstsein appelliert und das Verursacherprinzip in den Mittelpunkt drängt, nach dem Motto: „Wer mehr CO2 produziert, soll mehr zahlen.“ Die „zusätzliche Belastung“, wie Sebastian Kurz es bezeichnet, stellt für mich eher einen Lenkungseffekt mit positiven Auswirkungen von denen alle profitieren dar. Durch die Besteuerung soll nicht mehr Geld eingenommen werden, sondern diejenigen unterstützt, die klimafreundlich arbeiten. Solange auch verständigt wird, was mit den Einnahmen genau passiert, sollte es auch keine weiteren Probleme mit der Umsetzung geben.

Im internationalen Blickwinkel zeigen genügend Beispiele, dass eine Ökosteuer von Nutzen ist. Bei der Durchführung von Klimasteuern sind Planung, ethische Überlegungen und Transparenz die zentralen Themen, welche das Potenzial besitzen das ganze Projekt zum Scheitern zu bringen, wenn sie ignoriert werden. Jene Länder, die dieses Modell umgesetzt haben, sind auf der wirtschaftlichen Schiene ebenfalls gut mitgefahren: Der CO2-Ausstoß konnte verringert werden und die Wirtschaftsleistung konnte mit Staaten ohne Ökosteuer mithalten, wenn die Leistung nicht sogar besser war. Ausgestiegen aus dem Modell ist bisher nur Australien, weil die Regierung am vom Menschen mitverursachten Klimawandel zweifelt.

Wie würden Sie sich in Bezug auf die Ökosteuer entscheiden?

Chiara Hubner
BG Blumenstraße, 8a

Enthusiasmus als Bezwinger der Angst
Magomed-Rasul Kudusov, BG Blumenstraße, 6B

Jeder hat schon mal von ihnen gehört oder ein YouTube Video über sie gesehen. Gemeint sind Menschen die eine Tätigkeit wie zum Beispiel eine Sportart oder Wissenschaft mit solcher Effizienz und Eifer verrichten, dass es für viele Menschen undenkbar ist so etwas zu vollführen. Welchen Grund haben sie sich selbst zu solchen Leistungen zu pushen und dabei über humane Grenzen zu gehen, um das scheinbar Unmögliche zu schaffen?

Für viele hat es etwas mit optimistischem Denken zu tun und gleicherweise auch wieder nicht. Nur an das Ziel zu denken lässt einen vom Weg abkommen. Es hat mehr mit der Psyche des Menschen zu tun. Ein Individuum hat immer ein Ziel im Leben, wie klein es auch scheinen mag. Freude beim Gelingen jenes Zieles und Frustration beim Scheitern. Aber irgendwann erreicht man ein Plateau des Gelingens, das unbezwingbar scheint. Ab diesen Punkt sehen die meisten ihr Lebensziel erreicht und bleiben dort bis zu ihrem Tod, in der Meinung mit dem Wichtigsten abgeschlossen zu haben. Dies begründet sich aus der Angst vorm Herabsteigen und dem Unbekannten. Schließlich ist es ein Risiko, sich vom bekannten Glück ins Ungewisse zu wagen, um sein besseres Glück zu finden. Diese Abschreckung wird verstärkt durch das Scheitern einiger Individuen beim Versuchen eben jenes. Es gleicht einem Exempel einer höheren Macht zufrieden zu sein mit dem was man hat. Manchen mag das einleuchtend klingen und als gesunder Menschenverstand vorkommen. Doch die größten Fortschritte in der Menschheitsgeschichte sind aus Risiken entstanden. Schließlich war es früher nicht selbstverständlich, dass man mithilfe eines Apparates in die Lüfte steigen und auch noch lenken konnte und wenn man so etwas vorschlug, reservierte man sich selbst einen Platz in der nächstgelegenen Nervenanstalt. Doch dies haben die Brüder Wright geschafft. Diese Individuen haben Großartiges geleistet. Doch was ließ sie diese Angst überwinden? Welche geheimnisvolle Pille war daran schuld?

Eine Pille wird so etwas nicht können, da es eine Sache des Verstandes und der menschlichen Neugier ist. Gemeint ist der Enthusiasmus. Die Hingabe zu der Sache, die man liebt, sei es Sport, Naturwissenschaft oder die Philosophie. Ohne die Liebe zum Tun wird man nur eben jenes Plateau erreichen und niemals die Berge dahinter erblicken. Denn Leidenschaft ist nicht wie eine Lampe, die einem den Weg erleuchtet, sondern mehr das Ziel. Dahin zu kommen ist jedem selbst zu überlassen. Das einzig wahre Ende ist nun mal der Tod und nicht bereits die Pension. Schließlich schaltet unser Verstand dann nicht einfach ab, wenn man jetzt utopischer Weise über die Chance einer Demenz hinwegsieht. Doch wie soll man etwas Unmögliches, wie einen Berg im Dunkeln zu besteigen, schaffen? Wie schon weiter oben gesagt, ist Enthusiasmus nicht eine Erhellung des Weges, aber er nimmt einem die Angst vor dem Ungewissen. Und Angst lähmt wie schwere Fesseln und der Schlüssel zu den Fesseln ist Hingabe. Wer Angst hat zu fallen, kann niemals hoch oben sein. Außerdem ist für viele etwas nur lohnend, wenn die Effekte sofort wirken. Vielen fehlt die Geduld zu erkennen, dass man zuerst unten anfangen muss, um ganz nach oben zu kommen.

Vielleicht fragen sich jetzt einige was das denn mit Philosophie zu tun hat. Aber geht es bei der Philosophie eben nicht darum zu fragen was sein könnte, was ist und wie es ist? Eine Frage, die ein Konzept aufstellt und eben jenes hinterfragt? Wenn man sich nur auf das Jetzige konzentriert, wird man nicht weiterkommen, da es an Planung fehlt. Aber sollte man sich nur auf das Zukünftige und dessen Möglichkeiten fokussieren, wird man eben diese nie erreichen können. Die Planung ist die Vorgabe des Weges und es liegt an einem selbst, diesen zu beschreiten und auch den Plan kurzfristig zu ändern oder gar zu improvisieren. Und nicht jeder Weg ist gerade und klar und erst recht geht es nicht immer hoch. Manchmal muss man eben das Tal durchschreiten, um einen Berg zu erreichen. Hinter jedem Gedanken stehen eine Philosophie und gewisse Prinzipien. Zu behaupten, dass ein Lebensziel dumm oder sogar irrational ist, ist ein Paradoxon in sich selbst, da man ja eine subjektive Ansicht nicht mit einer subjektiven Ansicht widerlegen kann. Schließlich weiß man ja nicht selbst, ob es möglich ist, da man dies nicht selbst versucht oder getan hat. Und selbst wenn, ist jeder Mensch so verschieden, dass es, aufgrund seiner eigenen persönlichen Erfahrungen eine allgemein gültige Regel zu machen, eben erst irrational ist. Aus empirischen Beobachtungen induktiv eine Konklusion abzuleiten ist nicht verlässlich genug, um etwas zu verbieten oder nicht zu versuchen. Schließlich muss jeder für sich selbst entscheiden, was für ihn/sie das Risiko wert ist.

Was ist das Gute am Enthusiasmus? Und wieso hat es nicht jeder? Leidenschaft ist nicht etwas, das einfach gemacht werden kann, oder eingekauft. Denn jeder hat sie, muss sie aber nur noch finden. Jeder Mensch kann irgendetwas, mag es noch so klein oder unbedeutend scheinen. Und irgendetwas kann man auch gut und diese Tätigkeit kann einen mit Liebe und Inbrunst auch erfüllen und dazu bringen, besser darin zu werden. Das Gefühl etwas erreicht zu haben was einem Spaß oder eben wahre Freude bereitet, kann zu einem temporären Glücksgefühl führen. Und da wir eben von Natur aus glückssüchtig sind, werden wir noch mehr erreichen wollen. Das Problem damit ist nun, dass Menschen nun nicht mehr die Leidenschaft bei sich selbst suchen, nämlich durch einseitige Darstellung von Leben anderer, weshalb es sie nicht wirklich erfüllen wird. Nur weil es eine andere Person glücklich macht, muss das nicht auf einen selbst zutreffen. Und wer seine Leidenschaft bei jemand anderem sucht und nicht bei sich selbst, wird auch nicht sein individuelles Glück finden, sondern vielmehr das von anderen. Schließlich weiß man nicht, was diese Person für Rückschläge erlebt hatte und kann sich nur von der Oberfläche ein Bild machen, das definitiv nicht 100-prozentig zu einem passen kann, weil das schlichtweg unmöglich ist. Schließlich ist jeder Mensch anders und es gibt keine Kopie wie von einem Drucker.

Heutzutage wird das auch oft missbraucht, da in Werbungen das Glücklichsein als Köder benutzt wird und die hungrigen Fische sind nun mal die Unglücklichen. Deswegen sind Werbungen eigentlich unmoralisch, da sie den Profit über das menschliche Glücksbefinden stellen und einen dazu manipulieren etwas zu kaufen, was man nicht braucht und eigentlich auch nicht will. Viele werden jetzt argumentieren, dass man selbst schuld daran sei, wenn man sich manipulieren lässt. Doch wir werden sehr oft und unbewusst manipuliert. Gewisse Reize bringen gewisse Reaktionen in einem auf. Psychologisch gibt es viele Möglichkeiten einen in die Irre zu führen. Jemand der nicht die Geduld aufbringen kann, sich sein eigenes Glück zu finden mit Hilfe seiner Leidenschaft, wird womöglich versuchen eine Abkürzung zu nehmen. Und wenn man diese Lage ausnutzt, ist es nicht allzu schwer ein verlockendes Angebot zu machen, das aber kein bisschen hilft.

Doch so wie alles im Leben hat auch der Enthusiasmus seine Schattenseiten. Da die Hingabe zu einer Tätigkeit einen weiterbringen kann, kann man sich ebenso in der Leidenschaft verlieren und damit auch sein Individuum. Denn wie Marx schon sagte:

„In Manufaktur und Handwerk bedient sich der Arbeiter des Werkzeugs, in der Fabrik dient er der Maschine.“ – Marx: Das Kapital MEW 23: 445

Für manchen mag das Zitat aus dem Kontext gerissen sein, aber ich finde es ist eine verständliche Analogie zu dem Thema. Wenn wir die Glückfindung industrialisieren wollen, werden wir es recht nicht finden, sondern vielmehr unsere Identität verlieren und nur ein
Sklave unserer „Leidenschaft“ werden, die ja mittlerweile keine richtige mehr ist. Schließlich dient unser Enthusiasmus dazu, uns zu unserem Ziel, also unserem Glück, zu bringen. Und wer leidenschaftlich eine Tätigkeit verrichtet, nur der Leidenschaft wegen, hat wohl das Konzept nicht verstanden. Eine Hingabe zu etwas, ohne ein Ziel vor Augen zu haben, lässt einen zu einem Gehetzten werden. Man konzentriert sich nur noch auf das Besteigen des Berges selbst, statt die Aussicht zu genießen, für die man gekommen ist. Was auch in einer kapitalistischen Welt, die wir heute haben, schnell dazu führen kann, ein Ausgenutzter zu werden und obendrein auch noch damit seine Individualität zu verlieren. Sein/Ihr Leben wird gemessen und nach Zahlen bewertet und die Jury ist die einzige Partei dabei, die den wahren Nutzen daraus zieht. Hinter Begriffen wie „Leidenschaft“ und „Hingabe“ versteckt sich bloß die Absicht, mehr Effizienz und den damit verbundenen Profit für den Konzern rauszuholen. Das ist eine traurige aber wahre Parallele von diesem Essay zu der heutigen Wirtschaft.

Abschließend würde ich behaupten, dass der Enthusiasmus neue Grenzen öffnet, aber auch zur Besessenheit werden kann. Wie Paracelsus schon sagte:

„Die Dosis macht das Gift“.
– Septem Defensiones 1538. Werke Bd. 2, Darmstadt 1965, S. 510.

Doch wird einem Enthusiasmus das Leben nicht vereinfachen, sondern bloß neue Möglichkeiten eröffnen, die vorher nicht erkennbar waren. Ein Schlüssel öffnet nur die Tür, aber man muss selbst hindurchgehen.

Magomed-Rasul Kudusov
BG Blumenstraße, 6B

Ein Essay über die Freiheit
Cosima Rudigier, Bundesgymnasium Bludenz, 7. Klasse Kultur und Sprache

Niemand ist mehr Sklave, als der sich für frei hält, ohne es zu sein.

Dieses stringente Zitat, das von keinem Geringeren als Johann Wolfgang von Goethe selbst verfasst wurde, ist auch heute, obwohl es vor nahezu 200 Jahren, in denen sich Gesellschaft und Denken signifikant verändert haben, publiziert wurde, relevanter denn je zuvor.

Wir denken, dass wir, zumindest in unserem Europa, so wie wir es heute kennen, „frei“ sind. Denn wir können uns doch dem System gegenüber kritisch äußern, den Beruf ausüben, den wir möchten, uns kleiden, so wie wir es für angemessen halten und morgen unser gesamtes Leben „über den Haufen werfen“ und irgendwo im tiefsten Dschungel Südamerikas eine neue Existenz als Bananenbauer beginnen. Das alles können wir. Doch was sollten wir tun? Sind wir wirklich so frei, wie wir glauben, es zu sein?

„Können“ und „sollen“ sind zwei so grundlegend verschiedene Dinge wie Äpfel und Kartoffeln. Was wir können, definiert noch lange nicht das, was wir (tun) sollen. Ich möchte an dieser Stelle meine These auf ein Beispiel stützen, um den geschilderten Sachverhalt etwas anschaulicher zu gestalten: Ich kann zwar einen Menschen umbringen, doch dass ich es auch tun sollte, ist infrage zu stellen. Können setzt eine Fähigkeit fest, die mich dazu in der Lage sieht, etwas zu tun; wobei sollen hingegen nicht nur stark von meiner, sondern auch, und dies übrigens schon seit der Mensch diesen Planeten bewandert, von der ethisch-moralischen Ideologie der gesamten Gesellschaft abhängt, in der ich meine Existenz führe.

Wenn ich also sagen würde, dass der Mensch nicht als Individuum frei ist, sondern die Gesellschaft als eines, dann wäre diese Theorie genau so falsch, wie jene, dass das eine Individuum frei ist, aber die Gesellschaft diesem einen Individuum komplett untersteht.

Doch das Paradoxe hier ist, dass Freiheit weder von einer gewissen sozialen Konstruktion, noch von einer einzelnen übermächtigen Person abhängig sein sollte, sondern ausschließlich von einem selbst.

Dass diese Annahme aber eine Utopie ist, stellt sich schon allein darin heraus, dass wir im Prinzip keinen Einfluss auf das Maß unserer eigenen Freiheit haben, obwohl wir das manchmal gerne glauben würden. Denn wir haben eine Regierung, die uns klar und deutlich vorschreibt, was wir zu tun und was wir zu lassen haben. Unsere Regierung „regelt“ zwar alles für uns, aber im Gegenzug reguliert sie auch alles.

Ganz davon abgesehen, reguliert sich die Gesellschaft durchaus selbst. Auf diese kühne Annahme möchte ich nun eingehen.

Freiheit in Europa bedeutet, abgesehen von den anfangs genannten Punkten, auch Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit ist ein Privileg, das Millionen Menschen auf dieser Welt nicht besitzen, aber auch in einem scheinbar freien Europa ist die Meinungsfreiheit noch lange keine wirkliche Freiheit. In Ländern wie Nordkorea oder dem Iran wird Meinungsfreiheit von der Regierung dadurch unterdrückt, dass Bürger, die ihre Auffassung zu einem, zumindest von uns privilegierten „Westerners“ aus betrachtet, nicht unbedingt kontroversen, Thema äußern, auf öffentlichen Plätzen, oder während einer Liveübertragung im Staatsfernsehen brutal gefoltert, in zahlreichen Fällen sogar öffentlich hingerichtet werden. Der durchschnittliche Bürger, der ohnehin schon keine Intentionen hat, einen regierungsstürzenden Putsch zu organisieren, wird durch diese extremen Formen von

Staatspropaganda nur noch mehr eingeschüchtert und beugt sich einem System, das ihn zum geistigen Sklaven macht; er unterstellt sich gezwungenermaßen einem System, das ihm die Wahl zwischen Freiheit und Tod lässt.

Überträgt man dieses Beispiel auf Europa, wird man zwar nicht auf solch erschreckende Erkenntnisse stoßen, aber zu einer ernüchternden Feststellung gelangen.

In Europa werden laut europäischem Recht nur Internetseiten zensiert, auf der Kinderpornographie und Kindesmissbrauch zu sehen sind; und auch das Veröffentlichen von stark regierungskritischen Werken wird, da Meinungsfreiheit auf dem Papier durchaus existiert, nicht strafrechtlich verfolgt. Doch dass Zensur in unserer Gesellschaft nicht vorhanden ist, ist ein gefährlicher und weitverbreiteter Irrglaube. Zensur gibt es in dieser Gesellschaft durchaus, denn diejenigen die zensieren, sind nicht die Regierung und deren überall agierende Spione, sondern, ironischerweise die Gesellschaft selbst.

Ja, genau. Jene Gesellschaft, die glaubt, in einem (beinahe, mit Ausnahme der obigen Adressen) unzensierten Staat zu leben, schafft eigenständig diese Zensur, deren Absenz eines der etlichen Indizien der Freiheit sein sollte. Von dieser Idee kann man auch einen Bogen zu Alexis de Tocquevilles Theorie zur “Tyrannei der Mehrheit” spannen.

Tocqueville beschreibt in seinem Werk „Die Demokratie in Amerika“ jene Auffassung, dass vor allem die Gesetzgebung der Mehrheit unterworfen sei und, dass die Interessen der Mehrheit wichtiger seien als jene der Minderheit. Dies untermalt er mit folgendem prägnantem Zitat: „Die unumschränkte Herrschaft der Mehrheit liegt im Wesen der Demokratie; denn in der Demokratie kann sich außerhalb der Mehrheit nichts behaupten.“

Wie sich die Gesellschaft selber zensiert, ist mit einem sehr einfachen Beispiel zu erörtern: Wenn ein Mensch mokante und erniedrigende Äußerungen gegen bestimmte Volksgruppen oder Einzelpersonen, um ein aktuelles Beispiel einzuwerfen, gegen Kopftuchträgerinnen und/oder Menschen, die aufgrund von Krieg und Verfolgung aus ihrem Heimatland fliehen mussten, vornimmt wäre dies nicht strafbar und würde ebenfalls unter die offizielle Definition der „Meinungsfreiheit“ fallen. Was hier aber stark anzuzweifeln ist, dass solch eine Aussage im Umfeld, in welchem sie getätigt wurde, nicht auf irgendeine Art von Resonanz, sei es negative von rational Denkenden, oder positive von Gleichgesinnten, stieße.

Jene negative Resonanz würde, wenn wir von einer „idealen“, eher linksgesinnten, rationalen Gesellschaft ausgehen, die im Interesse eines gerechten und sozialen Europas agiert, viele Anhänger finden, die, wenn wir vom harmlosesten Szenario ausgehen, den Sprecher dieser Aussage über den Schweregrad jener aufklären und, vom extremsten Szenario ausgegangen, das natürlich auch über viele Zwischenstufen führt, diesen Menschen komplett von der „übrigen“ Gesellschaft ausschließen.

Wenn wir diesen Gedanken nun weiterführen und auf andere, auch weniger extreme Exempel und Kreise (eine Schulklasse, Familie, ein komplett anderes Land) ausweiten, wird uns klar, dass jedes Individuum unserer Gesellschaft, sei es aufgrund von dessen individuellen Ansichten, oder sei es auf Grund von jeglichen anderen Faktoren, einen Beitrag dazu leistet, gesellschaftliche Zensur zu generieren.

Dies kann in solch einem komplexen sozialen Gefüge auch kaum vermieden werden, da jeder Mensch eigene Ideale verfolgt, die auch nicht zwingend er selbst sich angeeignet hat, da jene nicht selten von Generation zu Generation weitergereicht werden. Ginge man aber streng philosophisch an diese Aussage heran, müsste man wohl sagen, dass es jedem Mensch frei überlassen sein muss, die persönlichen Anschauungen beliebig zu optimieren.

Ich möchte zum Schluss noch einmal auf das Zitat aufmerksam machen, das ich ganz an den Anfang dieses Essays gestellt habe. Wie ich auf diesen Seiten versucht habe darzulegen, sind wir die Sklaven unserer eigenen Gesellschaft; doch die Gesellschaft sind wiederum wir. Wenn sich die Menschheit schon selbst versklavt, gebührt uns dann überhaupt (noch) ein Recht auf Freiheit? Kann die ultimative Freiheit überhaupt existieren? Und wenn ja, ist dies etwas Erstrebenswertes? Brauchen wir Menschen Barrieren, um die Dimension unserer Freiheit überhaupt erst erfassen zu können?

Cosima Rudigier
Bundesgymnasium Bludenz
7. Klasse Kultur und Sprache

Die Probleme mit der Demokratie
Jonas Schmälzle, BG Blumenstraße, 8D

Demokratie, die Herrschaft des Volkes. Für viele eine der größten Errungenschaften der Menschheit, denn was könnte es Besseres geben, als ein System, in dem alle Meinungen gehört werden, alle miteinbezogen werden und durch einen gemeinsamen Konsens die beste Lösung für alle gefunden wird? Hört sich fast schon utopisch an? Das ist es auch, denn die Realität sieht anders aus.

Theoretisch gesehen kann die Demokratie nicht aus sich selbst entstehen, denn um zu entscheiden wie und wer wählt, müsste ja schon gegeben sein, wie und wer wählt. Das heißt, der Ursprung eines demokratischen Systems muss immer in einer nichtdemokratischen Entscheidung liegen, getroffen durch einen oder einige wenige. Es ist paradox und dass das Probleme mit sich bringen kann, fast bringen muss, erkennt man schon am Ursprung der Demokratie im alten Griechenland. Diese war weniger eine Herrschaft des Volkes, und mehr eine Herrschaft der freien Männer, die in der Stadt wohnen. Frauen und Sklaven waren nicht wahlberechtig und auch Bauern konnten es sich oft nicht leisten, ihre Felder zu verlassen, um in der Stadt an der Demokratie teilzunehmen. Die Zeit der Demokratie im antiken Griechenland war geprägt von Kriegen, willkürlichen Entscheidungen und führte mehrmals in eine Oligarchie. Mit Hilfe der Demokratie wurde auch ein ohne Zweifel abscheuliches System legitimiert, die Sklaverei in den USA.

Abgesehen vom theoretischen Paradoxon haben die Zeiten sich natürlich geändert und eine direkte Demokratie ist in heutigen Staaten kaum mehr möglich, schon alleine ihrer schieren Größe wegen. Deshalb gibt es heute Repräsentanten, die gewählt werden und dann die Macht bekommen, Entscheidungen zu treffen. Das hört sich anfangs gar nicht so schlecht an, denn so könnte die Meinung Aller repräsentiert werden und trotzdem relativ schnell Beschlüsse gefasst werden. Aber auch das ist leider mehr Utopie, als Wirklichkeit.

Das Problem daran ist, dass unser heutiges System nicht unbedingt die weisesten und besten Entscheidungsträger auswählt, sondern eine ganz andere Art Mensch anzieht. Nämlich die Menschen, die mit allen Mitteln nach Macht streben und die, die durch ihre (oft zufällig von Geburt an gegebene) finanzielle Macht sich einen Vorteil im Wahlkampf schaffen können. Ob diese Menschen in Führungspositionen wünschenswert sind, ist meiner Meinung nach höchst fraglich, denn wie wahrscheinlich ist es, dass man die erlangte Macht für das Gemeinwohl einsetzt, wenn man zuerst sich selbst über andere stellen muss, um diese Macht überhaupt zu erlangen? Ich behaupte nicht, dass es unmöglich ist, in Führungspositionen zu kommen und dann im Sinne Aller zu handeln, allerdings denke ich, dass unser heutiges System die falsche Art Mensch bevorzugt.

Ein weiteres grundlegendes Problem der Demokratie, das sich auch aus der Größe der heutigen Gemeinschaften ergibt, ist die Unvereinbarkeit der Meinungen in einer Gruppe. Je größer eine Gruppe ist, die versucht einen Konsens zu finden, desto geringer ist die Chance, dass dieser Konsens gefunden wird. Und selbst in einem (nach internationalem Maßstab) kleinen Land wie Österreich ist diese Chance bei vielen Themen so gering, dass man meiner Meinung nach davon ausgehen kann, dass nie ein vollkommener Konsens gefunden werden kann. Man muss dabei nur an jegliche politische Frage denken, die selbst im Kreis der Familie zu heftigen Diskussionen führen kann.
Selbst wenn all diese Probleme beseitigt wären, würde sich immer noch die Frage stellen, ob es denn überhaupt wünschenswert und zielführend ist, wenn alle mitbestimmen können. Kann denn tatsächlich die Mehrheit die besten Entscheidungen treffen? Trifft die Mehrheit Entscheidungen im Sinne der Allgemeinheit, oder werden Minderheiten unterdrückt, weil sie weniger Macht haben? In der Realität haben viele Wähler zumindest das Gefühl, nicht nur für sich selbst zu wählen und geben an, auch an ihre Mitmenschen zu denken. Aber sind wir dazu überhaupt in der Lage, etwas für andere zu entscheiden? Dass Wahlentscheidungen zwar oft mit bestem Gewissen, aber auch häufig ohne das notwendige Wissen getroffen werden, wird durch viele Studien und Befragungen gestützt, wie auch Jason Brennan in seinem Buch „Against Democracy“ aufzeigt. Das meiner Meinung nach einprägsamste Beispiel nicht ausreichend informierter Wähler ist das Brexit-Referendum. Nach dem Tag, an dem mit einer knappen Mehrheit entschieden worden war, dass Großbritannien aus der EU austreten sollte, war in Großbritannien die meistgesuchte Frage bei Google: “Was ist die EU?“.

Inwiefern ist es also sinnvoll, alle über etwas bestimmen zu lassen, egal wie qualifiziert sie sind oder ob sie überhaupt das nötige Wissen dazu besitzen, eine fundierte Entscheidung zu treffen? Meiner Meinung nach ist das definitiv zu hinterfragen.

Aber was dann? Was, wenn nicht Demokratie? Jason Brennan schlägt eine Epistokratie vor, eine Herrschaft der Philosophen und Wissenden, um besser „richtige“ Entscheidungen treffen zu können. Andere würden vorschlagen, nur einen Menschen an die Spitze zu stellen, um unter anderem Sicherheit und Stabilität zu garantieren. Wieder andere würden sagen, dass Anarchie die Lösung ist, um absolute Freiheit zu gewähren.

Aber all diese Formen des Zusammenlebens haben meiner Meinung nach auch schwerwiegende Fehler und Probleme. Die Epistokratie hört sich zwar in der Theorie wie die Lösung für alles und eigentlich ganz sinnvoll an, denn wieso sollte man alle wählen lassen und nicht nur die, die sich tatsächlich auskennen? In der Realität scheitert dieser Vorschlag aber an ein paar einfachen Fragen: Wer kennt sich denn aus? Wer entscheidet, wer sich auskennt? Ist es wichtiger, etwas über Philosophie oder über Wirtschaft zu wissen? Und wie würde man das testen? Wahrscheinlich hätten viele Menschen eine Antwort auf all diese Fragen, allerdings wären sie alle subjektiv und deswegen verschieden. Einen Konsens zu finden wäre also unmöglich.

Dass eine Alleinherrschaft Beständigkeit und Sicherheit schaffen kann, ist wahrscheinlich ihre größte Stärke und für viele auch der Grund, warum diese Herrschaftsform attraktiv erscheint. Allerdings muss man dafür das Risiko eingehen, das Wohlergehen vieler Millionen Menschen in die Hand einer einzigen Person zu legen. Danach bleibt einem nichts anderes mehr übrig, als zu hoffen, dass diese Person ihre Macht verantwortungsvoll nutzt. Das scheint mir extrem gefährlich und gewagt. Natürlich kann durch einen guten Anführer auch viel Gutes entstehen, die möglichen Folgen eines schlechten Anführers sind meiner Meinung nach allerdings viel zu schwerwiegend, um vernachlässigt zu werden.

Auch die absolute Freiheit in der Anarchie scheint für viele verlockend, allerdings kann ein Zusammenleben von so vielen Menschen, wie wir heute sind, und auf so begrenztem Raum, wie wir ihn zur Verfügung haben, nur mit einigen festgelegten Regeln funktionieren. Diese Regeln müssten dann durch irgendeine Form der Autorität durchgesetzt werden und es wäre keine Anarchie mehr. Ein Zusammenleben ohne feste Regeln oder Autorität kann zwar in kleinen Gemeinschaften funktionieren und auch sinnvoll sein, als Staatsform allerdings ist die Anarchie vollkommen ungeeignet. Dass sich nämlich alle Menschen eines Staates darauf einigen, friedlich und gemeinschaftlich zusammen zu leben (ohne irgendeine Form von Autorität), hört sich für mich höchst unwahrscheinlich an.

Meiner Meinung nach hat unser jetziges demokratisches System zwar schwerwiegende Fehler, allerdings bin ich überzeugt davon, dass diese Fehler sich mit der Zeit und mit einigem Engagement ausbessern lassen. Zum Beispiel könnte schon alleine durch Aufklärung und Bildung viel gegen nicht ausreichend informierte Wähler getan werden. Oder man könnte das System zur Auswahl von Repräsentanten überarbeiten, um die oben genannten Probleme zu beseitigen.

Im Vergleich zu den beschriebenen Alternativen denke ich, dass man die Demokratie den anderen vorziehen sollte, ganz einfach, weil sie das kleinere Übel ist. Oder wie Winston Churchill sagte: „Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.“

Jonas Schmälzle
BG Blumenstraße, 8D